Einweihung neue Turnhalle
80 Jahre Haus St. Josef – ein Segen für die ganze Region
Neu: Zwei Wohngruppen zur geschlossenen Unterbringung – Mehr als 1000 Besucher beim Tag der offenen Türe
Von Josef Heisl
Büchlberg Gleich vier Anlässe zum Feiern hatte am Wochenende die heilpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe Haus St. Josef. Einerseits stand der 80. Geburtstag der Einrichtung an, andererseits freute man sich über den Abschluss der umfangreichen energetischen Maßnahmen, den Platz für zwei Wohngruppen zur geschlossenen Unterbringung und eine neue Mehrzweckhalle. Über 5,5 Millionen Euro wurden verbaut, von denen jeder Cent für Kinder und Jugendliche, die ohne Schuld in teilweise große Probleme geschlittert sind, bestens angelegt ist.
Mit einem eindrucksvollen Gottesdienst wurde der Festtag eröffnet. Msgr. Matthias Wilhelm machte in einer sehr persönlichen und klaren Botschaft seine Verbundenheit mit dem Haus und dessen Rolle deutlich. Als Einzelkind habe der heute über 80-Jährige schon in frühen Jahren Freundschaft mit den Heimkindern geschlossen und sie regelmäßig besucht. Hier werde schon über Jahrzehnte menschengerechtes Verhalten zu Menschen in Not gelebt. Mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter traf Wilhelm in seiner Predigt exakt die Rolle des Hauses. „Das Haus St. Josef war und ist ein Segen für die ganze Region und wir sind stolz darauf“, schloss der Geistliche und segnete anschließend die neuen Räume und die Halle.
Beim Gang durch die zwei Geschoße der geschlossenen Abteilung wurde deutlich welche Sicherungsmaßnahmen eingebaut werden mussten um die Sicherheit gewährleisten zu können. Im inneren sieht es zwar nicht aus wie in einer Justizvollzugsanstalt, trotzdem mussten die Baustandards ähnlich sein. So sind Stühle und Tische fest mit dem Boden verankert, die Fenster durchbruchsicher und die Fluchtwege aus dem Bau durch Gitter nach außen gesichert. Der vergitterte Umgriff vermittelt dem Gast schon ein etwas beklemmendes Gefühl.
Derzeit befinden sich acht Kinder und Jugendliche in der geschlossenen Betreuung, die etwa neun Monate dauert. Der Jüngste in dieser Gruppe „Don Bosco“ ist gerade Vierzehn. Die ersten vier bis sechs Wochen gibt es Einschluss und auch keinen Kontakt zu den Eltern. Der Schulunterricht wird in der „Geschlossenen“ durch einen Lehrer gewährleistet, der an drei Vormittagen jeweils für vier Stunden kommt. Platz wäre noch für eine zweite Gruppe mit ebenfalls acht Buben. In der Übergangszeit zur offenen Unterbringung dürfen die Betreuten dann schon die externe Schule in Büchlberg besuchen. Sie sind jedoch verpflichtet, unverzüglich nach Schulschluss ins Haus zurückzukehren. Gibt es Verstöße, folgt wieder der Freiheitsentzug.
Bei einem kurzen Kontakt mit den jungen Menschen wurde deutlich, dass es sich nicht um junge gewalttätige Monster, sondern optisch überwiegend recht unscheinbare Buben handelt, die allerdings alle schon eine „gewisse Karriere“ aufweisen können. Sie sind aus den unterschiedlichsten Gründen auf die schiefe Bahn geraten, sind aber in erster Linie Opfer, Opfer aus kaputten Familien, „Übergeliebte“, das heißt, dass ihnen schon ab frühester Kindheit alles erlaubt wurde ohne klare Statuten in der Erziehung. Die Folge ist später eine Verweigerungshaltung auf allen Gebieten, vor allem auch das Schulschwänzen. Die Gesichter sind zum Teil geprägt von diesen Schicksalen. Durch den Kontakt mit den offenen heilpädagogischen Wohngruppen können die Lebensumstände dieser Kinder oft wieder normalisiert und sie baldmöglichst wieder in normale Verhältnisse eingegliedert werden.
Doch es war nicht immer so, im Kinderheim in Büchlberg. Bei seinem Rückblick durchschritt Geschäftsführer Bernhard Haimböck im Eiltempo die über 80 Jahre Hausgeschichte. Heute seien 82 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die 86 Kinder und Jugendlichen zuständig. Als 1964 die Landwirtschaft neu hinzu kam, betreuten die 21 Schwestern des Ordens vom Hl. Kreuz dazu noch über 100 Kinder. Im August 1966 vermerkte der Chronist, dass 254 Essen ausgegeben wurden, 209 davon an Kinder und Jugendliche. Wenn man heute Verfehlungen von damals bewerte, dürfe man nie die Unterbringungs- und Betreuungsverhältnisse der damaligen Zeit vergessen, meinte Haimböck. Aber nicht nur um die benachteiligten Kinder habe man sich gekümmert, eine in der Krankenbetreuung ausgebildete Schwester ersetzte viele Jahre den Arzt, den es damals in Büchlberg noch nicht gab, bis hin zu Hausbesuchen.
Der Geschäftsführer dankte allen, die der Einrichtung immer wieder unter die Arme greifen. So den staatlichen Institutionen, aber ganz besonders Provinzoberin Hedwig Cichy, der Vertreterin des Sozialwerkes Heilig Kreuz in Altötting, dem Träger des Hauses. Die Schwester lobte in ihrem Grußwort die ganzheitliche Bildung der jungen Menschen und das gute Verhältnis des Hauses zu den Jugendämtern, deren Vertrauen es genieße. Ein wichtiger Bestandteil sei auch der Förderverein „Freundeskreis Haus St. Josef, Büchlberg“, stellte Haimböck heraus. Die Vorsitzende Marianne Lang wies auf die Vielen hin, die an diesem „Haus“ gebaut hätten. Der Verein habe dies gerne unterstützt. Zum Abschluss machte der Chef des Hauses deutlich, dass die Verantwortung für die Kinder in erster Linie bei den Eltern liege. Das werde von diesen oft falsch gesehen. Der Politik, von der er sich immer wieder verlassen fühle, gab er mit auf den Weg, in diesem Bereich nicht zu sparen und für mehr Lehrer zu sorgen. Von Ausnahmen abgesehen fehle dazu aber oft der politische Wille.
Landrat Franz Meyer zeigte, wie sehr ihm diese Einrichtung ein persönliches Anliegen sei. Durch den Tag der offenen Türe würden Unsicherheit, Unkenntnis oder auch Ängste abgebaut und überwunden. Das Passauer Land habe mit den zwei geschlossenen Gruppen ein wichtiges Betreuungsangebot und die betroffenen jungen Menschen eine echte Chance erhalten. Im Haus St. Josef werde ein christliches Menschenbild gepflegt und vermittelt. Die Einrichtung könne weiter auf die Unterstützung des Landkreises zählen. „Was hier täglich passiert, ist jede Anstrengung wert“, schloss der Landrat.
Bürgermeister Norbert Marold bezeichnete das Haus St. Josef als Aktivposten seiner Gemeinde. Ingenieur Josef Schuster und Architekt Helmut Scharinger blickten auf die Umsetzung der baulichen Maßnahmen zurück, insbesondere die wunderschöne Mehrzweckhalle, in der der Festakt stattfand. Mit einem beeindruckenden Tanz und dem Theaterstück „Kinny, Kinny“, in dem es darum ging, dass auch die Schwachen gemeinsam stark sein können, zeigten die Schüler, die auch das Büffet zubereitet und hergerichtet hatten, einen Zusammenschnitt von dem, was sie gelernt haben. Beim Tag der offenen Türe konnten sich mehr als 1000 Besucher von der Anlage und der pädagogischen Arbeit überzeugen. Auch viel Angehörige der Kinder kamen, dazu auch eine Reihe Ehemaliger, die hier das Sprungbrett in ein neues Leben geboten bekamen und es oft auch genutzt haben.
Bild: (IMG 7266) Sie stehen zum Haus St. Josef v.li. Bürgermeister Norbert Marold, BGM Hermann Baumann, Msgr. Matthias Wilhelm, Heimleiter Thomas Brecht, Ing. Josef Schuster, MdL Walter Taubeneder, Marianne Lang, Arch. Helmut Scharinger, Konrad Pape, Provinzialoberin Schw. Hedwig Cichy, Geschäftsführer Bernhard Haimböck, Landrat Franz Meyer und Armin Diewald v. Landratsamt. (Fotos Heisl)