Besuch von Herrn Staatssekretär Bernhard Sibler
Warum bei immer weniger Kindern die Problemfälle immer mehr werden? – Staatssekretär Bernd Sibler informierte sich im Haus St. Josef – mehr Hausunterricht in Aussicht
Von Josef Heisl
Büchlberg: Hohen Besuch hatte die heilpädagogische Einrichtung Haus St. Josef. Kultus-Staatssekretär Bernd Sibler und der Sozialpolitiker MdL Konrad Kobler informierten sich über die Lebensbedingungen der untergebrachten Kinder und Jugendlichen, über die Probleme bei der Betreuung und insbesondere über die geschlossene Abteilung, in der zur Zeit 16 schwierige Fälle in zwei Gruppen zu je acht Personen untergebracht sind. Sibler stellte seinen Besuch unter den Leitgedanken, „warum bei immer weniger Kindern, die Problemfälle immer mehr werden“.
Bild: Im Unterrichtsraum der geschlossenen Abteilung informierten sich Staatssekretär Bernd Sibler (6.v.li.) und MdL Konrad Kobler (2.v.li.) über die Lernbedingungen und die Mitarbeit der Probanden, v.l. Geschäftsführer Bernhard Haimböck, Oswald Peterlik, Maria Waldmann, Walter Stab, Stefan Eichinger, Heimleiter Thomas Brecht, Rektor Hans Schiller und Bürgermeister Norbert Marold.
Vorrangiger Gesprächsgegenstand war aber die Erweiterung des Stundenansatzes für den Hausunterricht. „Derzeit haben wir nur zehn Stunden pro Woche zur Verfügung“, erklärte Geschäftsführer Bernhard Haimböck. Das ist natürlich für die Kinder, die das Haus nicht verlassen dürfen, viel zu wenig. Das sehen auch die Lehrer Maria Waldmann und Walter Stab so. Beide betonten, dass sie mit den jungen Menschen gut zu Recht kämen und dass durchaus auch der Wille zum Lernen, natürlich unterschiedlich ausgeprägt, vorhanden sei. Die Kinder hätten auch gute Chancen, den Quali zu schaffen.
Das klang schon etwas merkwürdig, waren doch unter der Gruppe, mit der sich die Gäste beim Rundgang durch das Haus angeregt unterhielten, viele Schulschwänzer.
Es entwickle sich eine Symbiose mit den im geschlossenen Trakt Untergebrachten, erläuterte Haimböck. Sie würden sich anpassen und arrangieren. Störfaktoren kämen insbesondere von außen. Haimböck bedauerte, dass die Einrichtung das Ende einer Kette sei, bei der man an deren Anfang schon tätig werden müsse. Betreuer Oswald Peterlik meinte dazu, dass auch viele Elternhäuser zunehmend Probleme mit psychischen Erkrankungen hätten.
Zehn Tage lang sind die Neuankömmlinge für die „Geschlossene“ spartanisch untergebracht. Dann können sie sich Zug um Zug Annehmlichkeiten „verdienen“, je nach Verhalten. „Sechs bis neun Monate bleiben diese Problemfälle in der geschlossenen Umgebung“, erklärte Thomas Brecht. Der Heimleiter verwies darauf, dass diese auf richterlichen Beschluss hin untergebracht seien.
In einem Aufenthaltsraum setzte sich dann der Staatssekretär zusammen mit sechs Problemfällen an einen Tisch. Es war bemerkenswert, in welcher Offenheit und Freundlichkeit die Kinder über ihr Schicksal Auskunft gaben. Sibler wollte wissen, warum die Buben hier seien, was sie angestellt hätten. Da hörte man meist notorisches Schule schwänzen, von Zuhause abhauen, Schmarren gemacht oder den Schulausschluss provoziert zu haben, bis hin zu Einbrüchen und anderen kriminellen Taten. Dabei stammen die Kinder nicht nur aus problematischen ärmlichen Verhältnissen.
Das wurde bei einem Video deutlich, in dem ein aggressiv gewordener Dreizehnjähriger im Haus St. Josef fünf Polizisten beschäftigte, rund eine Stunde im Beruhigungsraum „Time-Out“ getobt hat und sich verletzte so dass der Notarzt kommen musste. Die Eltern des völlig Ausgerasteten seien beide Akademiker und leben in bürgerlichen, gut situierten Verhältnissen. Hier sehe man, dass die Belohnungsstrategie, die oft auch auf einem schlechten Gewissen beruhe, nicht das Beste für die Kinder darstelle.
Rektor Hans Schiller vom Förderzentrum Hauzenberg sah die Ursachen für diese großen Aggressionen bei den neuen Medien und dem uneingeschränkten Zugang von Kindern ins Internet. „Hier müsste die Kontrolle des Staates ansetzen“, so Schiller. Man glaube gar nicht, was sich die Kinder so alles „reinziehen“. MdL Konrad Kobler sah die Verantwortung bereits beim Entstehen der Filme. „Es gehört bereits die Produktion verboten“, stellte er deutlich fest, aber da laufe man bei denen, welche die uneingeschränkte Freiheit propagieren, gegen Betonwände.
In einer abschließenden Gesprächsrunde lobte Bürgermeister Norbert Marold die Einrichtung. „Hier ist viel geschaffen worden, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ist ausgezeichnet“, stellte Marold fest. Die Kinder brauchen Aufmerksamkeit, sie müssen wissen, dass sich die Menschen rund herum um sie kümmern. In Büchlberg habe man mit diesen Kindern nicht mehr Ärger als mit denen aus der Gemeinde. Deshalb sei die Akzeptanz der Einrichtung bei der Bevölkerung sehr hoch.
MdL Konrad Kobler wies noch einmal auf die Ausdehnung des Hausunterrichtes hin. Mit dem Geld werde in unsere Zukunft investiert. „Wir sind von der Wichtigkeit der Einrichtung überzeugt“, machte Kobler deutlich und forderte die Sicherstellung der qualifizierten intensiven Betreuung. Derzeit befinde sich die Hausunterrichts-Verordnung beim Finanzminister, der sein O.K. geben müsse. Dann könne die Erweiterung am 1. September in Kraft treten. Er sei zuversichtlich, dass eine Anhebung auf 25 oder dreißig Stunden komme. Dann wären alle Vormittage abgedeckt, was der Geschäftsführer mit einem „das wäre phänomenal“ quittierte. Auch Kobler versprach, unverzüglich dafürzu intervenieren, dass 30 Stunden genehmigt würden.